Erfahrungsbericht Projekt "flow"
Am Sonntag, den 03.04.2022, fand in diesem Jahr wieder einmal eine Aufnahme
des aktuell vorhandenen Bestands an Kleinstlebewesen in unseren Bächen
statt. Im "flow"-Projekt untersuchen und bewerten lokale Freiwilligengruppen
gemeinsam mit dem "flow"-Team oder mit geschulten Gruppenleiter*innen die Pestizidbelastung
in Fließgewässern der Region.
Weitere Informationen findet ihr in der Präsentation des Projekts oder in einem YouTube-Video der Organisatoren.
Mit über 15 Teilnehmern, Keschern voller Insektenlarven, einer tollen Unterstützung vom Campingplatz Jena "Unter dem Jenzig" und vielen interessierten Spaziergängern war der vergangene Sonntag ein voller Erfolg. Freundlicherweise bekamen wir vom Campingplatz Jena "Unter dem Jenzig" zu unserer Unterstützung Tische und Bänke zur Verfügung gestellt.
Nach einer kurzen Einführung und Vorstellung aller Teilnehmer, schätzte jeder im Vorfeld ein, in welchem ökologischen Zustand sich der Gembdenbach befindet. Dieser bekam dabei von den Teilnehmern die Schulnoten von 1 bis 5.
Wie genau es dem Bach geht galt es in den nächsten 7 Stunden genau zu untersuchen. Dafür erfolgte die Einteilung in drei Gruppen: Strukturgüte-Team, Chemie-Team und Makrozoobenthos-Team.
Strukturgüte-Team:
Hier konnte Roland auf seine Erfahrungen der letzten zwei Jahre zurückgreifen
und mit seinem vierköpfigen Team die Laufentwicklung, Längsprofil, Querprofil,
Sohlstruktur, Uferstruktur und Gewässerumfeld bewerten. Als Gewässertyp wurde
ein grobmaterialreiches Auen-/Muldentalgwässer festgestellt. Abzüge gab es
zum Beispiel bei der Laufkrümmung, auf die geringe Anzahl verschiedener Laufstrukturen
und die Strömungsdiversität. Insgesamt wurde der Gembdenbach mit der Güteklasse
3 bewertet. Es gibt als deutliches Verbesserungspotential.
Chemie-Team:
Unter Leitung des erfahrenen Chemikers Timo wurden in diesem vierköpfigen
Team allerhand chemisch-physikalische Messungen durchgeführt. So konnte die
Wassertemperatur mit 5,8
°C und einer durchschnittlichen Fließgeschwindigkeit
von 0.23 m/s bestimmt werden. Der pH-Wert liegt mit einem Wert von 8 im leicht
alkalischen Milieu, so wie es für die kalkreiche Region um Jena zu erwarten
gewesen war und sich auch in der sehr hohen Wasserhärte wiederspiegelt.
Mit einem Sauerstoffgehalt von 12 mg/l liegt die Sauerstoffsättigung des
Gembdenbaches bei etwa 75%. Es konnte eine mäßige Belastung mit Nitrat im
Bereich von 20 mg/l festgestellt werden. Auch hier gibt es also noch Verbesserungspotential
und man sollte versuchen den Eintrag von Düngemitteln zu verringern.
Makrozoobenthos-Team:
Mit Gerd aus Dresden und Axel gab es auch in diesem Team bereits gute Vorerfahrungen
in Sachen Insektenbestimmung. Und in diesem Team wurden viele helfende Hände
benötigt!
Los ging es mit einer Gewässerkartierung um 20 repräsentative Probenahmestellen
zu wählen. Dann erfolgte mit einem standardisierten Kescher und mittels Kick-Sampling
die Probennahme.
Sogar eine kleine Forelle
befand sich im Netz und als Highlight eine mit über 5
cm riesige Larve einer Schnarke (Diptera Tipulidae).
Durch mehrere Siebe mit unterschiedlichen Maschenweiten erfolgte eine Vorsortierung und dann wurde per Federstahlpinzette jedes Insekt einzeln vorsortiert, bestimmt und gezählt. Dabei konnten wir über 600 Bachflohkrebse (Gammaridae) zählen, zahlreiche Eintagsfliegen (z.B. Ephemeroptera Baetis rhodani), verschiedene Köcherfliegen (z.B. Trichoptera Hydroptilidae) und einige Steinfliegen (z.B. Plecoptera Leuctridae).
Für die genaue Bestimmung ist es häufig kleine Merkmale zu unterscheiden, die man nur mit dem Mikroskop erkennen kann. Eine Auswahl haben wir euch in dem Foto unten zusammengestellt. So konnten wir etwa 17 verschiedene Arten vor Ort bestimmen und damit den SPEAR-Index bestimmen. Dieser Index gibt an, wie viele „SPEcies At Risc“ in einem Gewässer vorhanden sind. Bestimmte Insektenlarven reagieren nämlich empfindlicher auf Umwelteinflüsse als andere. Dies kann man mit einem einfachen Beispiel aus dem Pflanzenreich vergleichen: Ein Löwenzahn wächst fast überall und gibt kaum Rückschluss auf die Bodenqualität wohingegen eine wilde Orchidee spezielle Ansprüche hat, welche an ihrem Wachstumsort vorhanden sein müssen. Der SPEAR-Index zeigte, dass es im Gembdenbach einige pestizidempfindliche Arten gibt. Hier haben wir tatsächlich die Güteklasse 1 erreicht, ein tolles Ergebnis.
Wir freuen uns schon auf den nächsten Termin am 12 Juni. Dann geht es wieder
um 10 Uhr beim gleichen Treffpunkt in die zweite Runde.
Es sind wieder
alle herzlich eingeladen vorbeizukommen.
Petri heil allen eifrigen Helfern!